· 

Wenn ein Mann recht haben muss

 

Wenn ein Mann recht haben muss

 

Seit einigen Monaten gehe ich in ein neues Schwimmbad, wo es auch eine schöne Sauna gibt, was ich auch in einem heißen Land wie Spanien sehr genieße. Leider habe ich mir dort in kürzester Zeit den Ruf einer Handtuch-Polizisting verschafft, den die Spanier sind keine geübten Saunergeher und vielen ist nicht klar, dass es notwendig und Vorschrift ist, in der Sauna ein Handtuch zu benutzen. Viele, vor allem Männer, die selten Probleme mit Harninfektionen haben, setzen sich mit naßer Badebekleidung einfach auf das unbehandelte Holz der Saunabänke. Das ist schon deswegen rätselhaft, weil die Leute in dem dazugehörenden Sportstudio kein Gerät ohne Handtuchunterlage benutzen dürfen und das auch alle anstandslos machen.

 

 

Ich komme also rein, sehe das, finde es persönlich ekelhaft und unhigyenisch, und weise ich deswegen die betreffende Person freundlich auf die Vorschrift zur Handtuchbenutzung hin.

 

 

Die meisten entschuldigen sich mit der Ausrede, sie hätten ihr Handtuch vergessen. Manche wissen tatsächlich nicht, dass ein Handtuch notwendig ist, aber eigentlich stehen alle Zurechtgewisenen rasch auf, verlassen die Sauna, holen sich ein Handtuch oder kommen nicht mehr zurück (zumindest solange ich da bin).

 

 

Letzte Woche kam ich wieder einmal in die Sauna, und sehe einen Mann mit tropfender Badehose auf der Saunabank sitzen. Ich bringe also meinen üblichen Spruch an und stoße auf unerwartet heftigen Widerstand.

 

 

Das sei keine Vorschrift, meint er grantig.

 

 

Doch, sage ich, er möge doch bitte in den neben der Saunatür angebrachten Regeln zur Saunabenutzung nachlesen, dort stehe das.

 

 

Nein, sagt er, das ist nicht wahr.

 

 

Doch, sage ich, das sei die Regel überall in der Welt. (Hier kehre ich die weitgereiste, ausländische Saunaexpertin hervor, ohne zu ahnen, dass ich damit genau auf's falsche Pferd gesetzt habe. In seinen Augen habe ich nämlich keinerlei Autorität und kann/darf einfach nicht recht haben.)

 

 

Die ganze Welt interessiere ihn nicht, sagt er, hier in Spanien seien die Regeln eben anders.

 

 

Nein, sage ich, das sind sie nicht. Er möge doch bitte selbst in dem Aushang gleich neben der Tür nachlesen.

 

 

Nein, sagt er.

 

 

Ich gebe auf, setze mich hin und bin angeekelt von seiner triefenden Badehose, die weißgottwas auf dem Holz verteilt.

 

 

Einige Minuten vergehen in unangenehmen Schweigen. Er muss meine Ablehnung und Ekel spüren, denn nach einer Weile hält er es nicht mehr aus, springt auf und sagt, er werde das überprüfen.

 

 

Bitte, gerne, sage ich und muss über seinen Eifer schon in mich hineinlachen.

 

 

Dann steht er draußen vor dem Aushang, studiert ihn genau und mag nicht glauben, was er da liest.

 

 

Zu meiner Überraschung kommt er wieder (ohne Handtuch) rein, fragt, ob ich vielleicht Anwältin oder so sei, und überhaupt würden die Regeln besagen, er dürfe nicht mit den Schuhen auf die Bänke steigen (was er glücklicherweise nicht gemacht hat).

 

 

Ich versuche es mit einer anderen Taktik. Ich wolle nicht recht in dieser Sache behalten, sage ich, sondern ihn nur darauf hinweisen, dass diese Vorschrift auch ihm zu Nutzen ist, weil das Handtuch zu seinem eigenen Schutz vor Bakterien und Pilzen diene. Dieses Argument geht durch sein Gehirn hindurch wie eine Gravitationswelle. Er kann es nicht haben, dass ich recht habe, also meint er jetzt, diese Vorschrift sei totaler Blödsinn, überhaupt nicht notwendig in einer Sauna.

 

 

Ich kann nur mehr unglaubwürdig den Kopf schütteln. Glaubt er tatsächlich, die Temperatur von nicht einmal gerade einmal 80° würde alle Bakterien und Pilzsporen abtsterben?

 

 

Da er nicht gewinnen kann, bleibt ihm nur der Rückzug. Er lacht verlegen auf und flüchtet hinaus. Ich bleibe mit der Frage zurück, ob er wohl das nächste Mal ein Handtuch mitbringen wird? Eines weiß ich sicher: wäre ich ein Mann gewesen, hätte er gesagt: „Ach, du meine Güte, so eine blöde Vorschrift. Das nächste Mal bringe ich ein Handtuch mit.“ Aber ein Mann hätte ihn erst gar nicht auf das fehlende Handtuch hingewiesen, und ich bin schließlich nur ein typisch nörgelndes und besserwisserisches altes Weib.

 

 

Das Traurigste an dieser Geschichte ist, dass sie keine Erfindung ist und immer und immer wieder in dieser oder ähnlicher Form abspielt. #könnenwirdengendermistnichtendlichhinterunslassen?

 

 

Habt ihr ähnliche Erfahrunge gemacht? Schreibt mir das in den Kommentaren.